Tief in die Maschine meiner Gedanken versunken, ging ich in mein Wohnzimmer und setzte mich neben Roshko, meinen Hund, auf die Couch. Wie es Haustiere oft tun, schaute er mich, wenn auch etwas verstört, an, entspannte sich und lehnte seinen Kopf an meinen Oberschenkel. Das ließ meine Gedanken schnell in den Schlaf verfallen, doch als ich erwachte, war die Frage, die an den Wänden meines Schädels widerhallte, folgende: Warum genieße ich, der ich 17 Jahre alt bin und viel Zeit damit verbracht habe, über mich selbst, meinen Zustand und meine Leiden nachzudenken, nur einen Teil des Glücks, das von meinem Hund ausgeht?
Ich dachte, der Mensch sei die überlegene Lebensform. Wie sollen wir dann Lebensweisheiten aus der einfachen Existenz eines Hundes ableiten? Ich möchte natürlich nicht für alle Hunde sprechen, sondern mich auf den einen Hund konzentrieren, den ich kenne: Roshko. Roshko hat kein Selbstbewußtsein. Er weiß nicht, dass er ist. Als solcher weiß er nicht, was er nicht ist, was ihm fehlt und was ihn somit vom Glück trennt. Er überlässt sich ganz dem Schwung des Windes und folgt nur seiner Nasenspitze. Wenn Roshkos Schüssel leer ist, stirbt er vor Hunger – wäre sie nie leer, würde er essen, bis er platzt. Er lebt fast ohne Rücksicht auf sich selbst. Und doch, obwohl er nie danach sucht, obwohl er es nie will und nie findet, ist er im Vollbesitz des sagenhaften Glücks. Sein Geist ist absolut unzerbrechlich. Ob er verletzt, verängstigt, einsam und allein ist, ob er verletzt ist von Operationen, verwirrt beim Tierarzt, ob er im Park verloren gegangen ist oder nur sein Spielzeug verloren hat, die einzige Konstante, die das Leben meines Hundes bestimmt, ist das Glück. Da könnte man wirklich neidisch werden. Die momentanen Leiden sind Fußnoten gegenüber seiner reichen und reinen, unverfälschten Freude am Dasein. Das genaue Gegenteil von mir. Wie kann das sein? Ich habe so viel mehr als meinen Hund. Er gehört mir buchstäblich, er ist mir versklavt! Wie also, warum? Wie werden Menschen wie Hunde? Glücklich, wie Hunde?
Nun, die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, wie man die Menschheit definiert. Ist Glück an und für sich das einzige Ziel, das wir haben sollten? Glück ist Stagnation – Roshko hat sich in den letzten 5 Jahren kein bisschen verändert. Er hat keine einzige Lektion gelernt und amüsiert sich immer noch über dieselben fünf Gassen, die er sein ganzes Leben lang auf und ab gelaufen ist – während ich meinem früheren Ich nicht mal ähnele. Glücklich sein, im Sinne eines Hundes, würde bedeuten, in der Zeit zu erstarren. Die einfache Erkenntnis dieser Tatsache könnte unser Glück trüben, könnte es mit Gefühlen trüben, die über das Hier und Jetzt hinausgehen.
Ich glaube also, dass wir dazu eigentlich nicht fähig sind. Unsere Fähigkeit zur Selbstbeobachtung, zum Philosophieren, ist verflucht. In dem Moment, in dem wir unser Glück in Frage stellen, verschwindet es, und wir jagen einem Phantom hinterher. Zumindest ist dies die Überzeugung, unter deren Einfluss ich mich heute an den Schreibtisch gesetzt habe..
Wie dem auch sei, um mein unzusammenhängendes Geschwafel zu beenden: Ich glaube, dass wir eine Anomalie der Natur sind; mit einer schwächende Mutation ausgestattet, die uns das Feuer im Tausch gegen das Leiden gegeben hat. Es ist ziemlich unschicklich für einen überzeugten Atheisten wie mich, Biblizismen preiszugeben, aber es muss sein: Der Geschmack der verbotenen Frucht liegt uns noch im Mund. Und wenn die Konstante der Natur die glückliche Zufriedenstellung ist, dann ist die unsere das Elend mit kleinen, zufälligen Zwischenspielen. Wie das Schlafen mit dem Hund auf der Couch.
Yasen Yanev, 12b
Kommentar verfassen