Falls ihr euch neulich über Kunst und die damit verbundene Neuigkeiten interessiert habt, seid ihr wahrscheinlich auf Christo oder konkreter, auf die Verhüllung des Triumphbogens in Paris gestoßen. Christo ist ein bewundernswerter Künstler mit Ideen für Kunstwerke, die keiner vor ihm zustande gebracht hat. Die Verhüllung des Triumphbogens ist das letzte realisierte Kunstwerk in einer langen Reihe großräumiger Projekte.


Aber wer ist eigentlich Christo? Christo Vladimirov Javacheff wurde 1935 in Gabrovo, Bulgarien geboren. Seit einem frühen Alter interessierte er sich für Kunst und später studierte er in der Nationalen Kunstakademie in Sofia. Aufgrund des damaligen politischen Systems in Bulgarien hat er keinen Zugang zu „fremder“ Kunst. Christo floh aus Bulgarien über Prag nach Wien und später zog er wiederum über Genf nach Paris. In Frankreich lernt er Jeanne-Claude kennen, die seine Arbeitspartnerin und Ehefrau wird. Sie arbeiteten zusammen an vielen Kunstwerken und Projekten. 1964 zogen sie nach New York. 2008 starb Jeanne-Claude in New York und nach den 56 Jahren, in denen Christo in der Stadt gelebt hat, starb er 2020.

Obwohl die Verhüllung des Triumphbogens nach dem Tod von Christo realisiert wurde, ist es ein Projekt, über welches er schon lange nachgedacht hatte. Die ursprüngliche Idee hatten Christo und Jeanne-Claude schon 1962. Sein Atelier befand sich in der Nähe des Bogens und der Künstler hatte diesen lange bewundern können, da er fast jeden Tag an ihm vorbeilief. Erst 2018, 56 Jahre nachdem Christo und Jeanne-Claude auf die Idee der Verhüllung des Triumphbogens gekommen sind, beantragte er eine Erlaubnis und bekam eine offizielle Genehmigung das Projekt durchzuführen. Nach Christos Tod ist sein Neffe derjenige, der für die Realisierung des Kunstwerkes sorgte, wie es sich Christo auch gewünscht hatte. Die Menschen hatten also vom 18. September 2021 bis zum 3. Oktober 2021 die Möglichkeit in Paris den Triumphbogen in einem silberlich-blauen Polypropylen-Stoff umwickelt zu bewundern.

Der umwickelte Pariser Triumphbogen – Foto von Kottke.org

Wie die Verhüllung des Triumphbogens sind auch die anderen Kreationen des Künstlers nur kurzlebig. Manche der Kunstwerke haben tatsächlich auch einen politischen Hintergrund. Als Beispiel kann man eins seiner frühesten öffentlichen Projekte und Kollaborationen mit Jeanne-Claude nehmen, nämlich „Wand der Ölfässer – der Eiserne Vorhang“, Paris 1961-62. Schon am Namen erkennt man den politischen Aspekt. Bei der Kreation haben sie durch eine Wand aus aufeinander geordneten Ölfässern die Straße „Rue Visconti“ blockiert. Das Projekt wurde nicht nur von der Teilung der Länder in Europa, aber auch noch konkreter von dem Bau der Berliner Mauer inspiriert.

Der Eiserne Vorhang – Foto von https://www.annelyjudafineart.co.uk/artists/40-christo/works/9582-christo-wall-of-oil-barrels-the-iron-curtain-1961-62/

Obwohl die Kunstwerke unterschiedliche Bedeutungen haben könnten, haben sie eins auf jeden Fall gemeinsam: das Zentrale der Kunstwerke von Christo und Jeanne-Claude ist das Erlebnis. Diese Kunst ist offensichtlich nicht wie diese, die man sich in Gallerien anschaut. Der Betrachter hat bei dieser von Christo und Jeanne-Claude die Möglichkeit seine Umgebung als etwas Neues zu erleben.

Ein Kunstwerk, in dem die Empfindung des Betrachters ganz im Vordergrund steht, sind die „Floating Piers“. Im Jahr 2016 erlaubte es Christo den Menschen sich die Frage zu beantworten, wie es sich anfühlt, auf Wasser zu laufen. Er kombinierte Erlebnis und Sinneswahrnehmung. Der Betrachter konnte über ein mit glänzenden gelben Stoff bedeckten Polyethylenwürfelsystem laufen und dabei die Wellen des italienischen Sees Iseo unter ihren Füßen fühlen.

Floating Piers – Foto von Time Magazin

Bei dem Triumphbogen andererseits hatte das Publikum nicht nur die Rolle des Betrachters. Es hatte die Möglichkeit auf das Kunstwerk einzuwirken. Beim Berühren des Stoffes sollte das Silberne vom Stoff fallen und das Blaue zum Vorschein kommen. So wurden die Menschen in die Verwandlung des Kunstwerks hineingezogen.

Es ist beeindruckend wie vielfältig die Projekte von Christo und Jeanne-Claude sind. Mit jedem Kunstwerk ist das Erlebnis des Betrachters neu. In Europa, in Amerika, im nahen Osten, in der Stadt, in der Natur, auf dem Land, auf dem Wasser: Die Kunst des Paares hat mit den Grenzen des Möglichen gespielt und diese herausgefordert.

Nadezhda Daskalova, Klasse 11

Bild von Christo – Foto von https://www.purepeople.com/media/christo-a-berlin-le-27-mars-2019_m5614835