1:30 Uhr, Samstagnacht. Ich bin auf dem Weg nach Hause, alleine, im Dunkeln. Mein Herz rast, ich drehe mich alle zwei Sekunden um und mein Schlüssel steckt zwischen meinen Fingern. Meine andere Hand, in der Tasche, das Pfefferspray griffbereit.

So gehe ich und bestimmt auch viele meiner Freundinnen nach Hause nach einer Party. Warum fragt Ihr euch gerade? Männer. Wir sind immer auf der Hut. Wir haben Angst. Angst einen Mann im Dunkeln zu treffen. Angst, einen Mann im Wald zu treffen. Angst, mit einem Mann in einem Raum, alleine zu sein. Wir haben Angst vor fremden Männern und vor Männern, die wir kennen. Wir gehen durch diese Welt, immer auf der Hut, verängstigt, wegen Männern. Und ja, ich bin mir sicher, alle Männer/Jungs, die das gerade lesen würden sich selber sagen, ich mach das doch nicht, dass sind andere Männer. Doch auch wenn es nur ein Mann von 10 ist, sind wir nicht sicher. Und stellt euch mal ernsthaft die Frage, wie oft habt ihr nichts gesagt, wenn einer Frau auf der Straße hinterhergepfiffen wurde oder wie oft habt ihr weggeschaut, wenn eine Frau von einem Typen verbal oder körperlich belästigt wurde? Wie oft ist euch nicht die unangebrachte Geste eines Vorgesetzten gegenüber seiner Mitarbeiterin aufgefallen? Oder wie oft habt ihr nicht realisiert, dass wir in Gefahr sind?  Glaubt mir, wenn du ein 16-jähriges Mädchen bist und sich ein 30-jähriger neben dich im leeren Bus hinsetzt, dann ist das alles, aber nicht in Ordnung. 

Wir könnten ja einfach zur Polizei gehen und das anzeigen. Doch dann sind wir wieder einer „He said, She said“ Situation. Und ohne physische Beweise, wissen wir ja, wie so eine Klage ausgeht. Denn wieso sollte der Richter jemanden verurteilen, der so ist, wie er? Wir leben in einer Welt, die von unseren Belästigern/Vergewaltigern regiert wird. Und bitte, schreckt nicht vor den Begriffen, wie Belästigung und Vergewaltigung zurück. Ich weiß nämlich, wie viele Leute, Frauen mit einbegriffen, auf eine Beschuldigung solcher Art reagieren. Ach, der Junge ärgert dich doch nur ein bisschen, er mag dich halt. Nein, der Junge belästigt mich, wenn er mich anfasst, ohne meine Erlaubnis, wenn er mit mir flirtet, obwohl ich das absolut nicht möchte. Die Bewertung einer Belästigung sollte nie von einer außenstehenden Person oder vom Verdächtigen entschieden werden, sondern vom Opfer. Es geht um ihre Gefühle, ihre Grenzen. 

Es gibt viele Dinge, die man als Mann machen kann, um Frauen zu helfen. Erstens, wenn ihr eine Frau sieht, wie sie belästigt wird, schreitet ein, konfrontiert den Belästiger. Zweitens, wenn ihr einen Freund hört, der abfällig oder sexistisch über eine Frau redet, stoppt ihn und sagt ihm, dass das nicht okay ist. Wenn ihr eine Frau alleine auf der Straße seht, dann haltet Abstand, zeigt ihr euer Gesicht, wenn möglich, versucht ihr das Gefühl zu geben, dass keine Gefahr von euch ausgeht. Und das Wichtigste, wenn eine Frau über eine Belästigung/ Vergewaltigung, die sie erfahren hat, spricht, dann spielt das Ganze nicht runter. Macht sie nicht schuldig für ihre Belästigung, hört ihr zu, nehmt sie ernst.

Wenn ihr diese Tipps ernst nehmt, dann werden sich die Frauen in eurem Umfeld besser und sicherer fühlen. Wenn sich alle Männer an diese Tipps halten würden, dann kann ich vielleicht eines Tages alleine, im Dunkeln, ohne Angst nach Hause gehen.

Paula Madest, 11b