Am 23. Juni entschied nun die britische Öffentlichkeit im Rahmen eines Referendums über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union (EU).
Mit einer geringen Mehrheit stimmten die Briten für den Austritt Großbritanniens aus der EU:
Austritt aus der EU – 51.89%
Verbleib in der EU – 48.11%
Damit wird das Vereinigte Königreich wahrscheinlich das erste Land sein, das die EU verlässt. Was das für Folgen nach sich ziehen wird, ist noch unbekannt. Allerdings lässt sich schon einiges erahnen.
Das Land wird einen politischen Führungswechsel erleben – Premierminister David Cameron (Conservative) hat schon seinen zeitnahen Rücktritt erklärt und der Oppositionsführer, Jeremy Corbyn (Labour), wird von seiner Partei immer mehr in die Ecke gedrängt.
Überdies werden in manchen Teilen des Landes, Stimmen für die regionale Unabhängigkeit laut. In Schottland bereitet man sich schon für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum vor, nach dem das Erste 2014 knapp scheiterte. Auch in Nordirland wird über die Wiedervereinigung mit der Republik Irland diskutiert. Beide Regionen haben mehrheitlich für den Verbleib in der EU gestimmt. Seltsamerweise wird auch im pro-europäisch gesinnten London über Möglichkeiten des Verbleibs in der EU beraten.
Direkt nach der Veröffentlichung der Wahlergebnisse fiel der Wert des Pfund Sterlings (die britische Währung) auf seinen tiefsten Stand seit 30 Jahren. Die meisten Wirtschaftswissenschaftler prognostizieren, dass sich der „Brexit“ (Wortschöpfung aus Britain und exit) negativ auf die britische Wirtschaft auswirken wird. Vor allem wir ein Rückgang der Exporte vermutet und auch eine kurzzeitige Rezessionsperiode. Das Finanzzentrum London steht unter besonderem Druck, da die vielen Finanzhäuser und Banken fürchten, dass sie durch den Brexit den Zugang zum europäischen Kapitalmarkt verlieren oder auf diesen nur eingeschränkt Zugriff haben werden.
Noch ist aber nichts entschieden. Das House of Commons (Parlament) muss noch über die Umsetzung des Referendumsbeschlusses abstimmen. Dabei kann es auch zur Ablehnung seiner Gültigkeit kommen. Überdies könnten die Landesparlamente in Schottland und Nordirland noch ein Veto gegen den Brexit einbringen.
Dieses ganze Chaos und die Unsicherheit über die Zukunft Großbritanniens haben dafür gesorgt, dass die Märkte negativ reagieren und die Börsenkurse fallen.
Derweil wird in Brüssel über die Zukunft der EU beraten. Der Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die Briten aufgefordert den offiziellen Antrag zum Austritt einzureichen, gemäß Artikel 50 des EU-Vertrages. Man wolle, dass dies sehr zeitnah passiert, um die Folgen der Unsicherheit auf Europa und der Welt zu minimieren. Inwiefern dieser Aufforderung seitens der Briten Folge geleistet wird, ist unklar. Man sollte sich deshalb auf einige weitere Monate der Unsicherheit und der heftigen politischen Diskussionen einstellen.
Insgesamt betrachtet ist der Brexit ein heftiger Schlag für das Projekt Europa, das die Sicherung des Friedens und der Freiheit auf dem europäischen Kontinent zum Ziel hat. Unsere europäische Wertegemeinschaft wird vom Brexit ihre Lehren ziehen müssen und flexibler werden. Wir dürfen nämlich nicht zulassen, dass unser gemeinsames Friedensprojekt an den Folgen des Nationalismus scheitert.
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